Amerika in den 30er Jahren. Der "Capone" ist tot. Die Mafia-Familien streiten sich um die Position als Oberhaupt aller Familien. Capone ist ein Sich-Gegenseitig-Diffamieren-Triezen-Und-Ärgern-Spiel, das man am besten... 
Capone
Autor: Mark Caine
Verlag: Amigo
Jahr: 1994
3-6 Spieler
ab 14 Jahren
60 Minuten (150 Minuten, s. Text)
Deutscher Spielepreis 1994, 2.Platz

Spielmaterial: 1 Spielplan, 6 Familienfotos, 6*8 Familienmitglieder, 6*8 Bodyguards, 6 Investitions-Chips, Geldscheine (Riesen), 48 Geschäftskarten (40 illegale und 8 legale Geschäfte), 8 Aktionskarten

Thema: Amerika in den 30er Jahren. Der "Capone" ist tot. Die Mafia-Familien streiten sich um die Position als Oberhaupt aller Familien. Der Don, der zuerst 1000 Riesen legal investieren kann, soll neuer Capone sein.
Als Don leitet der Spieler die Geschicke seiner Mafiafamilie, setzt Familienmitglieder bei legalen und illegalen "Geschäften" ein und heuert Bodyguards als Verstärkung an. Die Erträge aus den illegalen Geschäften werden in legalen Investitionen gewaschen.
Vorbereitung: Im ersten (Spiel-) Jahr hat jede Familie 8 Familienmitglieder und 8 Bodyguards zur Verfügung. Die Personen sind unterschiedlich wertvoll: Der Don selbst zählt 100 Riesen, die Mama 60, die Rechte Hand 40, der Eintreiber 40, der Winkeladvokat 40, der Buchhalter 30, die Sekretärin 30 und der Novize 20 Riesen. Jeder Bodyguard ist 5 Riesen wert. Als Grundkapital erhält der Don (Spieler) 100 Riesen.
Ablauf: In jedem Spieljahr werden alle Karten gemischt. Jeder Don erhält 5 Karten und darf diese einmalig ganz oder teilweise umtauschen. Die restlichen Karten werden in diesem Spieljahr nicht benutzt.
Die Dons spielen reihum eine Karte und führen sofort die Konsequenzen aus oder sie werfen eine Karte ungenutzt ab. Wird eine Geschäftskarte ausgespielt, kann man ein Geschäft übernehmen, indem man eigene Anhänger in dem auf der Karte angegebenen Geschäft aufstellt.
Da es zu jedem der 8 legalen Geschäfte genau eine Geschäftskarte gibt, kommen sich die Familien bei legalen Geschäften nicht ins Gehege. Deshalb reicht hier der Einsatz eines Bodyguards. Den Ertrag legaler Geschäfte kann der Don sofort einstreichen. Die Höhe ergibt sich aus den bisher getätigten legalen Investitionen (s.u.) und kann bis zu 60 Riesen betragen.
Das sieht bei den 20 Orten für illegale Geschäfte schon ganz anders aus. Jede Art illegaler Geschäfte ist in der Stadt zweimal vertreten. Da es für jede Art illegaler Geschäfte 4 Karten gibt, existieren also 40 illegale Geschäfte-Karten für 10 Arten illegaler Geschäfte. Für Waffengeschäfte gibt es zum Beispiel zwei Orte in der Stadt. Im Kartenstapel sind dazu vier Geschäftskarten.
Beim Einsatz illegaler Geschäftskarten hat man die Wahl, ob man ein neues Geschäft gründet (falls noch ein unbesetztes frei ist), oder ob man ein bestehendes Geschäft einer anderen Familie übernimmt (falls schon eins besetzt ist).
Im ersten Fall (Geschäft ist noch frei) setzt man eine Truppe auf das Geschäft, die mindestens so stark ist, wie die Geschäftskarte angibt. Ein Waffengeschäft könnte man zum Beispiel mit einer Truppe im Mindestwert von 30 Riesen besetzen. Ein Novize und zwei Bodyguards würden reichen.
Im zweiten Fall (Geschäft ist schon besetzt) muss die eingesetzte Truppe den Wert der vorhandenen Figuren der Konkurrenz um mindestens 5 Riesen übertreffen. Bei einer solchen "Geschäft-Übernahme" werden die dort vorhandenen gegnerischen Familienmitglieder im Hafen versenkt (wo sie bis zum Spielende bleiben). Gegnerische Bodyguards landen im Park; der Don muss am Jahresende entscheiden, ob er sie für 5 Riesen erneut anheuert oder ob sie für den Rest der Spielzeit ausscheiden. Wie man das so in Mafiakreisen gewohnt ist, reduziert sich der Kreis der Beteiligten auf Grund zahlreicher Auseinandersetzungen im Laufe der (Spiel-)Jahre.
Nachdem jeder Don fünf Karten gespielt hat, erfolgt die Abrechnung für das Jahr: Jedes illegale Geschäft bringt so viel Riesen, wie die dort (noch) stehenden Figuren zusammen wert sind. Der Don selbst bringt zum Beispiel hübsche 100 Riesen. Diese Figuren und diejenigen, die in legalen Geschäften eingesetzt wurden oder "aus dem Verkehr" gezogen wurden, erhalten die Spieler dann zurück.
Aus dem erzielten Gewinn werden die legalen Investitionen getätigt. Für je 100 Riesen steigt man eine Investitionsstufe höher. Sie wird mit dem Investitions-Chip auf dem Familienfoto markiert. Je höher die Investitionsstufe, desto mehr Riesen erhält man für den Einsatz eines Bodyguards in ein legales Geschäft.
Hat ein Spieler die zehnte Stufe erreicht und demnach insgesamt 1 Millionen Riesen investiert, ist er der neue Capone. Falls nach einer Abrechnung keine Familie die Gewinnvoraussetzung erfüllt, werden für ein neues Spieljahr erneut alle Karten gemischt und 5 Spielkarten pro Spieler ausgeteilt.

"Hmm", sagen Sie. Und: "Naja. Ein weiteres Ort-durch-Karte-besetzen-Spiel." Ja, ja. Aber da ist noch eine Kleinigkeit. Auf der letzten Seite der Spielregel wird empfohlen: "Hetzen sie gegen andere, lenken sie von sich selbst ab. Weisen sie darauf hin, dass sie möglicherweise ein ganz bestimmtes Angebot machen könnten." Angebot? Welches Angebot? Bisher wurden die 8 Aktionskarten noch nicht erwähnt, unter denen sich auch zwei "Angebote" befinden. Sehr "beliebt" macht man sich mit "Ein Angebot, dass man nicht ablehnen kann": Mit dieser Karte kann man alle Familienmitglieder, die in einem illegalen Geschäft stehen, im Hafen versenken, wo sie bis zum Spielende bleiben. Da "freuen" sich doch die Mitspieler. Noch größer ist die "Freude" verständlicherweise für einen Spieler, wenn er die zweite Karte "Angebot" besitzt und er sich somit für die "respektlose" Behandlung seiner Leute bedanken kann.
Drei lilafarbene Aktionskarten erlauben es, ein Familienmitglied ins Penthouse, zum Essen oder zum Barbier zu schicken, um sie vorübergehend "Aus dem Verkehr" zu ziehen. Die so beschäftigten Mafiosi erzielen in diesem Geschäftsjahr keine Einnahmen. Drei andere Aktionskarten sind nur einmalig vorhanden: Durch den Einsatz des "FBI" wandert ein gegnerisches Familienmitglied für zwei Jahre ins Gefängnis oder muss gegen Kaution freigekauft werden. "Schutzgeld" erlaubt es, von einem Mitspieler eine bestimmte Summe zu erpressen. Per "Geschäftsübernahme" kann man ein Konkurrenz-Geschäft eigener Wahl komplett übernehmen, indem man die Abgesandten der anderen Familie gegen eigene Anhänger austauscht, sie im Hafenbecken versenkt und die Bodyguards für eine Auszeit an die frische Luft in den Park schickt.

Die Verlagsangabe von 60 Minuten Spieldauer trifft keineswegs zu. Eine Partie Capone kann 150 Minuten dauern. Die Regeln sind relativ kurz und eindeutig.

Bewertung: Capone ist ein Sich-Gegenseitig-Diffamieren-Triezen-Und-Ärgern-Spiel, das man am besten mit mindestens 4 (sicherheitshalber unbewaffneten) Mafiosi-Spielern spielt. Hier gewinnt derjenige, der am besten von sich (und seinen Einnahmen) ablenken kann, die anderen gegeneinander aufwiegelt und gut blufft. Der Spielmechanismus "Auswählen und Angreifen" verursacht den eigentlichen Spielspaß: Da die Spieler als Familienoberhäupter häufig entscheiden können, von welcher gegnerischen Familie sie ein illegales Geschäft übernehmen, herrscht unter den Dons eine "rege Kommunikation": Aufwiegeleien und Bündnisse - "der hat schon so viel verdient", "die hat eben deine Mama im Hafen versenkt" - sind an der Tagesordnung.
Capone ist kein Strategie-Spiel, sondern ein Psycho-Spiel. Die Kommunikation unter den Dons ist entscheidend: Wer Stress und Spannung aushält, sich mal ärgern kann und dennoch nicht nachtragend ist, wird mit jeder Menge Spielspaß belohnt. Doch Vorsicht: Nicht in jeder Gruppe wird Capone Spaß machen! Verbissene Strategen werden das Spiel (und die Mitspieler) verfluchen.
Den Kult-Status, den das Spiel Capone bei einigen eingeweihten Mafiosi-Familien einnimmt, können wir nur bestätigen. Dünnhäutige, Weichlinge und Warmduscher sollten sich aber warm anziehen...

PS: Den Kritikpunkt der zu wertvollen legalen Geschäfte teilen wir nur bedingt. Illegale Geschäfte sind zwar riskant, sie können aber auch hohe Erträge abwerfen. Bei legalen Geschäften kann man maximal 60 Riesen verdienen. Hier sind die Einnahmen geringer, aber die eingesetzten Bodyguards sind vor Übergriffen sicher. Legale Geschäfte werden zwar im Spielverlauf zusehends wertvoller, doch ist ihr Anteil am Spiel insgesamt zu gering, um Capone als unausgewogen zu empfinden und deshalb abzuwerten. Im Gegenteil: Die legalen Geschäfte bringen sogar eine angenehme Entspannung in die ansonsten knisternde Atmosphäre.

PPS: Ein großes Lob ist dem guten Material und vor allem dem Spielekarton zu zollen: Da passt alles genau rein. "Heutzutage" findet man solche Kartons nur noch selten. Er ist übersichtlich und sieht auch noch gut aus.

© Spielpreis.de 2004